Rechtsanwalt Matthias Radu, Weilmünster-Wolfenhausen

Rechtsanwalt Matthias Radu, Weilmünster-Wolfenhausen

 

Eine Klausel in den Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung, wonach kein Kasko-Versicherungsschutz für Touristenfahrten auf offiziellen Rennstrecken besteht, auch wenn es nicht auf Erzielung einer Höchstgeschwindigkeit ankommt, ist nicht zu beanstanden.

Entscheidung des OLG Hamm, Beschluss vom 8.3.2017, 20 U 213/16

 

 

Sogenannte Touristenfahrten auf Rennstrecken wie der Nordschleife des Nürburgringes (im Volksmund „Grüne Hölle“ genannt) erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Dass dabei zum Teil äußerst ambitionierte Fahrer unterwegs sind, dem einen oder anderen jedoch zuerst das Talent und dann die Strecke ausgeht, belegen zahlreiche Videos auf Kanälen wie YouTube. Schwere Schäden am Fahrzeug bis hin zu veritablen Totalschäden sind keine Seltenheit.

 

Wer glaubt, ein eventueller Sachschaden am Kraftfahrzeug sei in jedem Falle von der Vollkasko-Versicherung (deren Bestehen vorausgesetzt) gedeckt, kann hierbei sein Blaues Wunder erleben, wie eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm belegt. Denn nicht jede Police deckt ein solches Risiko auch ab. Daher sollte – wer sportlich ins Volant greifen möchte – vorher einen intensiven Blick ins Regelwerk werfen, zur Sicherheit ein klärendes Gespräch mit der eigenen Versicherungsgesellschaft führen!

 

Sachverhalt

Das klägerische Fahrzeug verunfallte bei einer Touristenfahrt auf einer Rennstrecke. Die Vollkasko-Versicherung lehnte die Regulierung ab, da nach den insoweit geltenden Bedingungen für derartige Veranstaltungen kein Versicherungsschutz besteht. Dagegen wandte sich der Kläger.

 

Die aktuelle Entscheidung

Das klägerische Fahrzeug erlitt bei einer Fahrt auf einer offiziellen Rennstrecke einen Unfallschaden. Ausweislich der vom Kläger vorgelegten Fahrordnung und Sicherheitsregeln des Betreibers nahm der Kläger an einer ausdrücklich als solchen bezeichneten „Touristenfahrt“ teil. Die Beklagte lehnte eine Regulierung des Schadens aus der bei ihr bestehenden Vollkasko-Versicherung ab. Die entsprechende Klage wurde erstinstanzlich abgewiesen. Das OLG Hamm hat die dagegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Es bestehe kein Anspruch des Klägers aus der Vollkaskoversicherung, den es greife die vertragliche Ausschlussklausel nach Ziff. A.2.17.4 AKB der Beklagten, wo es unter der Überschrift „Touristenfahrten“ heiße:

 

„Kein Versicherungsschutz besteht für Touristenfahrten auf offiziellen Rennstrecken.“

 

Entgegen der Auffassung des Klägers werde aus der Ausschlussklausel mit Verwendung des Begriffs „Touristenfahrt“ bei verständiger Würdigung und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhanges auch für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer hinreichend deutlich, dass die Strecke gerade nicht während einer solchen Touristenfahrt eine offizielle Rennstrecke darstellen müsse in dem Sinne, dass es sich um eine Rennveranstaltung handeln müsste. Es sei ausreichend, wenn die Strecke – wie hier – in Zeiten organisierter Veranstaltungen als „offizielle Rennstrecke“ im Sinne einer Strecke für ein Rennen diene und auch außerhalb dieser Zeiten dem öffentlichen Verkehr nicht frei zugänglich sei.

 

Es komme also gerade nicht darauf an, dass die Voraussetzungen Touristenfahrt und offizielle Rennstrecke zeitgleich vorliegen müssten. Dass dies der Fall sei, ergebe sich aus der Fahrordnung und den Sicherheitsregeln des Betreibers. Vor diesem Hintergrund sei die maßgebliche Klausel auch AGB-rechtlich nicht zu beanstanden.

 

Der für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer ohne weiteres erkennbare Sinn und Zweck der Klausel sei es, das erhöhte Risiko von Unfällen im Rahmen auch „freier Fahrten“ auf Rennstrecken außerhalb von offiziellen Rennveranstaltungen vom Versicherungsschutz auszuschließen. Dabei spiele es keine Rolle, dass es entsprechend dem klägerischen Vortrag unter vielfältigen Umständen und insbesondere bei bestimmten Wetterverhältnissen häufig wesentlich gefährlicher  sein mag, ein Fahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr zu führen als im Rahmen einer Touristenfahrt auf einem abgeschlossenen Kurs.

 

Entscheidend sei allein, dass der Versicherer durch die vertragliche Regelung klar zum Ausdruck bringe, dass er jedenfalls das Risiko von Touristenfahrten auf offiziellen Rennstrecken nicht decken will. Es sei auch nicht zu bemängeln, dass Fahrsicherheitstrainings nicht ausdrücklich von der Regelung in Ziff. A.2.17.4 AKB ausgenommen worden seien, wie dies im Fall des OLG Karlsruhe gewesen sei (vgl. OLG Karlsruhe, Urt. v. 15.04.2014 - 12 U 149/13 Rn. 14). Denn Fahrsicherheitstrainings werden vom Ausschlusstatbestand der Ziff. A.2.17.4 AKB schon begrifflich nicht erfasst. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer werde ein Fahrsicherheitstraining nicht als eine Touristenfahrt ansehen und umgekehrt.

 

Vielmehr setze ein Fahrsicherheitstraining in Abgrenzung zur Touristenfahrt schon nach dem allgemeinen Wortverständnis zumindest eine Person voraus, welche die Teilnahme am Training anleite, das Fahrverhalten der Teilnehmer beobachte und Hinweise gebe, um festgestellte Fahrfehler zu vermeiden bzw. das Fahrverhalten zu optimieren. Eines Rückausschlusses vom Ausschluss habe es mithin nicht bedurft.

 

Wichtig zu wissen!

Nach Ziff. A.2.9.2 der AKB 2015, wie sie der GDV seinen Mitgliedsunternehmen empfiehlt, besteht zunächst einmal nur dann kein Versicherungsschutz für Schäden, die bei Beteiligung an behördlich genehmigten kraftfahrt-sportlichen Veranstaltungen, bei denen es auf Erzielung einer Höchstgeschwindigkeit ankommt, entstehen. Dies gilt auch für dazugehörige Übungsfahrten. Dies ist jedoch kein Freibrief für die Teilnahme an sogenannten „Touristenfahrten“!

 

Es gibt nämlich auch Kraftfahrt-Versicherer, die abweichende Klauseln in ihren AKB verwenden. Soweit dabei auch Touristenfahrten auf zugelassenen Rennstrecken vom Versicherungsschutz in der Kasko-Versicherung ausgeschlossen werden, ist dies im Rahmen der Inhaltskontrolle grundsätzlich statthaft. Es empfiehlt sich daher, vor jeder Art von Fahrten auf Rennstrecken die für den jeweiligen Vertrag geltenden AKB kritisch zu überprüfen und die Frage des Versicherungsschutzes zusätzlich mit dem Versicherer verbindlich zu klären.

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